Zugrindertreffen in Lorsch 2017

im Freilichtlabor Lauresham

Kloster Lorsch

Einer meiner Lieblingstermine am Anfang jeden Jahres ist das Treffen der Zugrinderleute. Vor ca. 18 Jahren kam in Witzenhausen die Idee auf. Jörg Bremond hat damals dann den Anfang gemacht Es findet immer im Februar bei einem aktiven Kuhanspanner oder Ochsenfahrer statt, dieses Jahr bei Claus Kropp im Freilichtlabor Lauresham.

Auf gut 4ha entstand bei Lorsch bis 2014 das Modell eines Karolingischen Herrenhofes um 800 nach Christus, eine idealtypische Rekonstruktion eines frühmittelalterlichen Wirtschaftshofes. Neben diversen Wirtschafts-, Wohn- und Stallgebäuden kann man zwischen Ackerflächen und Gärten auf den Weiden auch diverse Tierarten besichtigen, mit deren Hilfe frühmittelalterliche Alltagskultur vermittelt werden soll. Dazu gehören Düppeler Weideschweine, Skudden, Ziegen und Hühner. Neben der Vermittlung spielt aber auch insbesondere die experimentalarchäologische Forschung über diese Zeit eine große Rolle.

kuscheliges Ein-Personen-Übernachtungsobjekt

Und hier kommen David und Darius ins Spiel, zwei Rätische Grauviehochsen. Die beiden waren beim Einzug in das Freilichtlabor bereits 4 Jahre alt und hatten ihre Ausbildung als Zugochsen von der erfahrenen Familie Döring erhalten. Mittlerweile sind sie 9 Jahre und haben zu Bildung und Forschung in Lorsch schon viel beigetragen. Sie zogen das spätere Bauholz aus dem Wald und helfen bei der möglichst authentisch mittelalterlichen Bearbeitung der Äcker in Form von Wölbäckern.

Bei der Anspannung und auch bei anderen Arbeiten werden bewusst zeitliche Brüche gemacht. So wird z.B. zum Wohle der Tiere kein Doppeljoch sondern Rinderkummete zum Zug genutzt.

Rätisches Grauvieh stammt ursprünglich aus dem Zentralmassiv der Alpen und stellt eine kleinere Variante der Tiroler Grauviehs dar. Es gab früher einen kleineren, leichteren Tiroler Schlag, das Albula-Grauvieh. Tiere, die dem Albulavieh ähnelten, wurden aus den ebenfalls seltenen Tiroler Grauviechern ausgewählt und einzeln als „Rätisches Grauvieh“ weitergezüchtet. Besonders die geringe Größe macht sie für bergige und erosionsempfindliche Weiden interessant.

Blick ins Innere einer Hütte

Für das Freilichtlabor sind die Grauen laut Claus Kropp ebenfalls aufgrund ihres kleinen Wuchses ausgewählt worden, denn im Mittelalter sollen die Rinder im Durchschnitt sehr klein gewesen sein.

Mittlerweile gibt es neben David und Darius zwei Spannkühe dieser Rasse, die regelmäßig für Nachwuchs sorgen.

Dieses Wochenende waren die beiden Jungs die Protagonisten der Veranstaltung.

Am Samstag

Dach aus Brettern

Am Samstag den 4. Februar traf man sich bei Kaffee und Kuchen zur Begrüßung, die immer herzlich ausfällt: viele der Teilnehmer treffen sich schon seit über 10 Jahren und sehen sich nur bei diesen Treffen, einige Freundschaften sind schon dabei entstanden. Die Vorstellungsrunde der rund 50 Teilnehmer zeigte wieder, was für unterschiedliche Menschen und Interessen sich bei diesen Treffen versammeln: Unter den Teilnehmern waren Archäologen aus Östereich und Deutschland, Tierärzte, Journalisten, Spezialisten und Netzwerker für Freilichtmuseen, ein Vorstand aus der GEH (Gesellschaft für alte und bedrohte Nutztierrasse) und viele praktizierende Zugrinderhalter aus Deutschland, Östereich und der Schweiz. Sogar ein Landwirt von den Azoren war diesmal dabei. All diese Menschen arbeiten als Hobby oder Beruf, im Voll- oder Nebenerwerb in der Landwirtschaft, der Tiergestützten Therapie, dem Tourismus oder dem Showgeschäft und alle verbindet eine Leidenschaft für Rinder, die nicht ausschließlich für Milch und Fleisch gehalten werden.

Dach aus Birkenrinde

Fast ohne Regen und bei etwa 7°C gab es einen ersten Rundgang durch die Anlage. Claus erklärte uns was allein beim Bau der Gebäude nach den raren Hinweisen aus archäologischen Quellen, insbesondere in Zusammenarbeit mit Handwerkern aus den Gewerken Zimmermann und Lehmbau, über die damaligen Abläufe gelernt werden konnte. Gerade die Fachbereichsübergreifenden Arbeiten führten zu neuen Erkenntnissen.

Eggenfelder-Variationen vor interessiertem Publikum

Ordentlich aufgereiht hatte man für uns Versuche von Rekonstruktionen diverser Bodenbearbeitungsgeräte, aber auch „echte“ Geräte, die bis in die 50er Jahre 20. Jahrhunderts noch in Betrieb waren. Zu den Rekonstruktionen gehörten z.B. Eggen aus Holz und Metall, aber auch Pflüge, bzw. der Vorgänger das Ard, auch Hakenpflug genannt. Die gefundenen Reste alter Geräte (Artefakte) sind oft nur Bruchstücke, aus denen man das ganze Gerät mit vielen Fragezeichen ableiten muß. Beim Nachbau wird dann klar, wie wenig man eigentlich weiß. Noch heute werden z.B. in Afrika Böden mit dem Ard und Zugrindern bewirtschaftet.

Wo kommen die denn alle her?

Endlich kamen die Grauvieh-Ochsen dazu. Neben den beiden älteren Tieren gab es noch „Dodo“, einen jung kastrierten, mittlerweile knapp 2 jährigen Ochsen der selben Rasse. Er wurde nicht angespannt sondern nur mitgeführt. Er hat aber durch die Teilnahme mindestens so viel gelernt wie wir. Mit einem der großen Ochsen zeigte uns Claus Kropp einfache Holzrückearbeiten. Der Ochse wiegt zwischen 850 und 900kg und legte sich ordentlich ins Zeug.

Ochsen wachsen bis sie etwa 8 Jahre alt sind, die übliche Nutzungsdauer war damals sehr kurz, nur vom 3. bis etwa zum 6. Lebensjahr hat man die Tiere angespannt, dann aufgemästet und geschlachtet. Ochsen, die gearbeitet haben, sollen bei Aufmästen sehr schnell fett geworden sein, was ja damals erwünscht war. Wer heute einen gut ausgebildeten Arbeitsochsen hat, strebt oft eine lange Nutzungsdauer an. Dann ist ein zu starkes Wachstum und zu schnelle Verfettung eher ein Problem. Bekommen Ochsen Gras und Heu soviel sie wollen, werden sie zu schwer für ihre eigenen Gelenke und neigen früh zu Arthrosen und Klauenproblemen.

Holzrücken

Vor den Abendessen gab es zwei inspirierende Inputvorträge: Claus Kropp interessiert besonders die tierische Anspannung im Mittelalter. Er erzählte von der Schwierigkeit, aus wenigen Funden und schriftlichen oder bildlichen Darstellungen handfeste Schlüsse zu ziehen. So hat man für die Rekonstruktion eines Wagens aus Haitabu lediglich ein Stückchen eines Rades als Anhaltspunkt. Einschnürungen an Hornstumpfansätzen oder Deformierungen an Beckengelenken sind zwar Anhaltspunkte, aber keine Beweise für eine Nutzung der Tiere als Zugrinder. Auch sehr frühe Funde von Kastrationsgeräten wie Kluppen oder Zangen, die sich im Übrigen bis zu den heutigen Werkzeugen nur wenig verändert haben, beweisen nur, dass es Ochsen gab. Ob die Bullen zum Zug oder nur zur Zuchststeuerung kastriert wurden oder weil sie ein fetteres Fleisch produzierten oder weil sie auf den oft langen Märschen zu den Märkten als Ochsen weniger Probleme bereiteten als Bullen weiß man nicht.

Aus den frühmittelalterlichen Bildern von Zugrindern bei der Arbeit kann man oft wenig Konkretes über die Anspannungsweise schließen. Fazit: “Alles nicht so einfach.“

auch im 3PK geht der Kopf zum Ziehen für große Lasten nach unten

Immer wieder gab es interessante Bemerkungen aus dem kompetenten Publikum. Zum Beispiel: Sowohl die Brunnenabstände in der Savanne als auch die Abstände heutiger Autobahnraststätten betragen etwa 30km, was der Tagsleistung eines Gespannes entspricht, egal ob Pferd oder Rind. Die zumutbare Dauerzugleistung von Arbeitspferden entspräche etwa 15%, die von Arbeitskühen 10-12% des Körpergewichtes, weil sie meist zusätzlich tragend seien und Milch geben müssten (-und könnten!). In steilen Gegenden habe man zum Teil ein leeres Gespann mitgeführt, um es am Berg vorspannen zu können. Es gab aber auch häufig vor und hinter starken Steigungen Vorspannhöfe, oft kombiniert mit Gasthäusern.

erste Vorstellung

Der nächste Vortrag handelte von der stressfreien Hüte- und Koppelarbeit mit Kuhhunden. Felix Hohmeyer hat 60 Fleischrinder, zu denen mittlerweile auch die in Spanien autochtonen und bedrohten Cachenarinder gehören. Aufgrund ihres geringen Gewichtes sind sie besonders für die erosionsgefährdeten Böden der Senne geeignet, in denen er Landschaftspflege betreibt. Er treibt seine Tiere mit Hütehunden. Wenn die Rinder daran gewöhnt sind, geht das sehr stressfrei und ruhig vor sich. Er zeigte Bilder, auf denen eine Rinderherde auf einem Acker entspannt und gezielt einen schmalen Streifen Brache abfraßen, geführt von 3 Hunden, die wie ein mobiler Zaun ein Betreten der angrenzenden Flächen verhinderten. Geeignetet Hunde können gut lernen, Vieh zu sammeln, in der Furche zu gehen und Vieh zu bringen.
Felix Hohmeyer bildet Menschen aus, damit deren Hunde gute Koppelgebrauchshunde für ihre Besitzer werden können. Dazu nutzt man bei der Ausbildung eine natürliche Eigenschaft, welche man bei Wolfsrudeln beobachten kann: bei der Jagd treiben die rangniederen Tiere die Beute den ranghöheren zu, die sie dann erlegen.
Die Hunde müssen allerdings gewisse Eigenschaften dafür mitbringen:
„Auge“ ist die Fähigkeit, sich auf das Vieh konzentrieren zu können. Diese sollte im mittleren Bereich liegen: Genügend Interesse an der Arbeit mit den Rindern, aber auch keine zu starke Fixierung auf einzelne Tiere, welche den Überblick verhindern würde.
„Heading“: Der Hund darf keine Angst haben, auf den Kopf der Rinder zuzugehen, um sie zu stoppen.
„Balance“: Der Hund muß ein Gefühl dafür haben und weiter entwickeln, wo er – vom Hirten aus gesehen - hinter die Tiere gehen muß, um sie in Richtung des Hirten zu treiben, dazu gehört auch der genau richtige Abstand zu den Rindern.
„Härte“: Keine Angst vor den Rindern. Er muß mutig genug sein, auch große Gruppen von Rindern stoppen und drehen zu können.
Schon die 8 Wochen alten Welpen werden in einem 11m Roundpen an Lämmern getestet und „gestartet“, aber auch ältere Hunde können bei Eignung noch hüten lernen.
Das Training sollte die natürliche und selbsständige Arbeitsweise der Hunde fördern, aber die Hunde sollen jederzeit für den Hirten, nicht für sich selbst arbeiten. Sie lernen Druck aufzubauen und rechtzeitig wieder heraus zu nehmen, ihn effektiv für eine gezielte, ruhige Arbeit zu dosieren. Dazu gehört unter Umständen auch mal eine Fesselgriff, den sie bei Prüfungen angezeigt demonstrieren können sollten. Grundsätzlich müssen Kuhhunde näher am Tier arbeiten als Hütehunde an Schafen.

unbekanntes Werkzeug zum Hausbau

Als geeignete Rasse haben sich Australien Kelpies und Australien Cattle Dogs herausgestellt, die auch Hohmeyer nutzt. Aber z.B. auch Westerwälder (Hängeohren)- oder Siegerländer (Stehohren)- Kuhhunde, Strobel, Appenzeller oder Altdeutsche Hütehunde oder auch Fila de Sao Miguel können gute Koppelgebrauchshunde werden. Bei den alten heimischen Rassen war die Zucht auf schlichtere Ziele angelegt: Zusammenhalten, Sammeln und Bringen beim täglichen Hüten. Die Rinder waren damals auch anders: es handelte sich nicht um riesige Herden von halbwilden Mutterkühen, sondern die Kühe hatten mehr Menschenbezug und waren weniger scheu. Die Eigenschaften der Hütehunde wurden – anders als in Australien - hierzulande seitdem nicht weiterentwickelt. Die meisten hiesigen Rassen wurden bestenfalls für die Arbeit mit Schafen weiter züchterisch bearbeitet, teilweise wurden Gebrauchshunderassen über Generationen nicht mehr zum Arbeiten verwendet und bei der Zucht spielt die Hüteeignung kaum eine Rolle. Ähnlich wie bei den Rassehühnern wurde die ursprüngliche Nutzungsrichtung weder genutzt noch geprüft.
Es wäre eine Aufgabe, die Kuhunde hier weiter zu entwickeln.
Zur Nutzungsdauer eines Hütehundes gibt es den alten Spruch: Mit 4 ist er ausgebildet, mit 8 ist er gut, mit 12 geht er in Rente.
Hohmeyer testet die Tiere am liebsten als Welpen, denn: „Sie können viel lernen, aber wenn sie richtig unter Stress geraten, fallen sie in ihren ursprünglichen Charakter zurück.“
Felix Hohmeyer, Queller Straße 142, 33649 Bielefeld, http://www.cachena.de

Nach diesem interessanten Ausflug in die Hütehundewelt berichtete Wolfgang Ehmeier aus Oftering in Östereich von den dortigen Zugrindern. Er ist beim ÖIPK (Östereichische Interessengemeinschaft Pferdekraft) engagiert, arbeitet auf seinem Demeterhof sowohl mit Zugrindern als auch mit Zugpferden und bevorzugt dabei alte, bewährte und bedrohte Nutztierrassen. So arbeitet er mit Norikerpferden und Murbodener Kühen.
Er stellt die Frage: Wer beschäftigt sich in Östereich noch mit Zugrindern?
Koloman Prem, der in fortgeschrittenem Alter sein gesamtes Brennholz noch mit zwei Pinzgauer Ochsen aus dem Wald holt und der leider nicht zum Treffen kam, beantwortete ihm diese Frage vor dem Treffem mit dem Satz: „Die, die nicht aufgehört haben“. Damit meint er wohl hauptsächlich sich selbst. Es gibt über ihn einen wunderschönen Film im Internet: www.youtube.com/watch?v=Rtgemb-DVFE

Genickjoch, aber für welchen Zweck?

Die zweite Gruppe, die sich mit Zugrindern beschäftigt sind jene, die Fotos machen. Auch dazu hatte Ehmeier zahlreiche Bilder und Geschichtchen vorzuweisen.
Und dann gibt es noch die dritte Gruppe, das sind diejenigen, die es wieder probieren. Zu jenen zählt er zum Beispiel Hubert „Schöni“ Schönberger oder Rudolf Blamauer, der ebenfalls Norikerpferde und Murbodner Kühe anspannt. Aber er meint auch sich selbst und dazu zeigte er Bilder seiner zwei Kühe beim Holzholen mit dem Schlitten, beim Eggen und anderen Tätigkeiten. Die halbstarke Nachzucht lief mit und lernte auch gleich etwas. Das ist der Vorteil wenn man schon eine Generation ausgebildeter Rinder hat. Wolfgang nutzt verschiedene Anspannungsarten zu verschiedenen Arbeiten: Das Kummt zum Pflügen und Eggen, das Doppelgenickjoch mit Stirnkissen zum Holzrücken, weil man damit wendiger ist und die Tiere „schöner zusammen gehen“ und ab und zu auch das Einzelgenickjoch.
Wenn Wolfgang zum jährlichen Zugrindertreffen kommt, bringt er traditionell einen Rätselgegenstand mit. Vorletztes Jahr war es ein spezielles Doppeljoch, von dem niemand genau sagen konnte, wie es anzubringen sei. Mittlerweile hat er einen älteren Herrn in der Nähe sines Hofes ausfindig gemacht (oder umgekehrt) der es ihm zeigen konnte, nun arbeitet Ehmeier mit dem Joch. Dieses Mal war es ein Einzelgenickjoch mit einer merkwürdigen aufgesetzten Astgabel vorne links außen.
Niemand in der Runde kann das Rätsel lösen, mal sehen, ob er es bis zum nächsten Treffen wieder selbst gelöst hat. Das Treffen findet 2018 übrigens bei ihm auf dem Hödlgut statt und da freu ich mich jetzt schon drauf!
Wolfgang Ehmeier, Hödlgut, Mitterbachhamer Str. 10, 4064 Mitterbachham, www.hoedlgut.at

Alternativen zum Einkreuzen

Gerd Döring zeigte schöne Bilder von seinem Rätischen Grauvieh. In der Nähe von Eschwege bewirtschaftet der ehemalige Metzger zusammen mit seiner Frau Michaela eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft mit fünf Mutterkühen. Viele Jahre schon spannt er Kühe, Bullen und Ochsen dieser kleinen alten Rasse an und auch die Tiere in Lorsch stammen von ihm. Die Familie nimmt an lokalen und überregionalen Veranstaltungen mit Gespannen teil wie z.B. auf der Sababurg, bespielt aber auch Kindergeburtstage oder fährt Hochzeitspaare zur Trauung. Immer öfter finden Menschen für einen oder mehrere Tage zu ihnen auf den kleinen abgelegenen Hof in Nordosthessen, um sich in der Arbeit mit Zugrindern unterweisen zu lassen. Nun gibt es auch einen kleinen Bildband zu den Rindern.
Familie Döring, Bachstr.18, 37299 Weißenborn, www.doering-grauvieh.de

Elke Treitinger, Tierärztin und Texas Longhornzüchterin, spannt ebenfalls ihre Rinder an. Sie ist Ansprechpartnerin für die Zugrinder Webseite www.zugrinder.de. Daneben betreibt sie auch noch eine sehr informative eigene Seite zum Thema Rinderanspannung: http://kuh-und-oxn-schule.de/. Sie klärte uns darüber auf, dass es wieder Dasselfliegen in Deutschland gibt, wie man sie erkennt und dass man sie nur im Herbst bekämpfen kann, damit sie nach dem Absterben im Rind keinen Schaden anrichten.

während die Jungs den Wagen ziehen, machen die Mädels die Hausarbeit

Wie jedes Jahr beglückte uns auch dieses Jahr wieder Karl Wilhelm Becker mit mundartlichen Gedichten und Kalauern. Er geht zusammen mit seiner Lebensgefährtin und seinen gefahrenen roten Höhenviehkühen auf Tierschauen, Umzüge und andere Veranstaltungen, um die alte Kulturtechnik des Rinder-Anspannens weiterzugeben. Dabei wird den Zuschauern mit viel Humor auch die hessische Mundart näher gebracht.
Karl-Wilhelm Becker, Hauptstrasse 16, 36320 Kirtorf-Lehrbach, E-Post:

Dr. Rolf Minhorst gehört zum Urgestein der Rinderanspanner in Deutschland. Über Jahre war sein „Manual“ die einzige Anleitung für Rinderanspannung in deutscher Sprache. Minhorst war lange in Brasilien in der Entwicklungshilfe tätig, danach als Lehrbeauftragter für tropische Tierhaltung an der Hochschule Osnabrück beschäftigt und ist nun im Ruhestand. Er zeigte uns, wie man nur über das Internet von hier aus jemandem der so weit entfernt ist wie Amaro Evangelho von den Azoren bei den ersten Schritten zur Rinderanspannung helfen kann. Über zwei Jahre haben die beiden hin- und her gemailt und sich auf dem Zugrindertreffen in Lorsch das erste mal live gesehen. Inzwischen hat sich Amaro selbst ein Vielfachgerät gebaut und hackt und häufelt sein Gemüse mit Zugrindern. Die einheimische Rasse "Ramo Grande" gehört zu seinen Zielen! Die Bilder von den Azoren waren toll.
Dr. Rolf Minhorst, Eichertstr. 48, 56745 Weibern, E-Post:

Zugrinder beim Einspannen

Die Netzwerkerin für Ochsentreiber und Freilichtmuseen, Cozette Griffin-Kremer, gab einen aktuellen Überblick über Aktivitäten mit Zugrindern in Frankreich, Deutschland, Estland, Litauen, Neuseeland, England und Polen. Ursprünglich Amerikanerin, lebt sie seit vielen Jahren mit ihrem Mann in der Nähe von Paris. Cozette ist im AIMA, dem Internationalen Verbund der Agrarmuseen stark engagiert und stellt immer wieder wichtige Fragen, z.B diese: „Was ist ein Zugrind wert?“ Zum Vergleich erzählt sie von der Klage eines Pferdebesitzers, der 15Mio€ für sein versehentlich bei einer Jagd erschossenes Pferd bekommen hat.
Sie bringt uns auch die nächsten wichtigen internationalen Termine zu unserem Interessensgebiet: 10.-15. Mai 2017 im estnischen Agrarmuseum in Ülenurme oder die Zugrindertage im Ecomusée d‘Alsace in Ungersheim mit Philippe Kuhlmann am 26. - 28.5.2017, sowie den traditionell vorgelagerten Donnerstag, den 25.5., speziell für die praktizierenden Rinderanspanner bei Kuhlmann zuhause auf dem Hof in Saulzern.
Dazu ein paar Buchtipps, z.B. „Horse powered farming for the 21th Century“ von Stephen Lesly oder die französische Zeitschrift “Sabots”, die über alte Kulturtechniken und eben auch oft über Rinderanspannung berichtet.
Cozette Griffin-Kremer, 18 Rue Gambetta, 78120 Rambouillet France, E-Post:

Detailaufnahme vom 3PK Kumt

Anne Wiltafsky aus der Schweiz erzählte beeindruckend von den Beziehungen zwischen ihren Rindern. Ihr 4jähriger Ochse Murmel, der immer etwas ängstlich und schwierig war, blühte auf, nachdem seine Mutter nicht mehr auf dem Hof war. Er entschied von nun an selbst wovor er Angst hat und vor allem wovor nicht. Wenige Tage nachdem die Mutter geschlachtet worden war, verwandelte er sich in einen umgänglichen, gutmütigen Arbeits- und Reitochsen, mit dem Anne Wiltafsky nun viel mehr Spaß haben kann. Erinnert das nicht an menschliche Geschichten? Mit schönen Bildern von der Arbeit in ihrer „Kuhschule“ bereicherte sie den Abend.
Anne Wiltafsky, Austrasse 21, 8134 Adliswill, Schweiz, www.stockengut.ch/kuhschule.htm

Jürgen Schlüter ist in Brandenburg mit seinen Schwarzbunten Niederungskühen und der Nachzucht mit dem Wagen unterwegs. Umzüge, Heuwerbung und Grünlandpflege sind die Tätigkeitsfelder der Rinder bei ihm. Er zeigte uns Bilder von seinen Versuchen, seine in letzter Zeit etwas störrisch werdenden Ochsen mit Nasenklemme statt nur mit dem Halfter an den Leinen zu fahren. Er selbst war zufrieden mit dem Ergebnis, es ergab sich eine lebhafte Diskussion im Publikum daraus. Die Nasenklemme ist in der Wirkung mit einem Gebiss bei Pferden vergleichbar. Ähnlich wie dieses und im Gegensatz zum Nasenring wird es nur während der Arbeit in die Nase geklemmt.
Schlüter Jürgen, Dorfaue 21, 03249 Sonnewalde, E-Post: 

auch der Nachwuchs (namens Dodo) muß es lernen

Von Erwin Rotzal bekamen wir wieder einen wunderschönen neuen Film über landwirtschaftliche Arbeit mit Zugrindern zu sehen. Er hatte 2016 sieben Mal Matthias Höwer besucht, um die verschiedenen Arbeiten wie Jauchefahren, Pflügen, Eggen und Säen, Kartoffeln häufeln und die Heuernte zu filmen, die dort mit dem 4 jährigen Glanviehochsen und ehemaligen Deckbullen Fritz verrichtet wurden.

Zum Schluß bekamen wir noch beeindruckende Bilder aus Kuba zu sehen. GEH Vorstands Peter Schweiger hatte seinen Urlaub dort verbracht und etliche Ochsengespanne fotografiert. Aufgrund von Mangel an Rädern, geschweige denn Traktoren, wird auf dem Land vorwiegend mit von zwei Criollo-Ochsen gezogenen dreieckigen Schleifen gearbeitet und vom Trinkwasser über Brennholz bis zu lebenden Ferkeln fast alles transportiert. Bei solchen Bildern kommt deutlich das Gefühl auf: weniger ist manchmal mehr.

Oh weh, es ist passiert! Vom Urmel aus Wettenberg haben wir natürlich auch gehört. Wir haben vergessen ihn und seine Familie zu erwähnen - so geht's los im Alter. Soll nicht wieder vorkommen, auch wenns Mitternacht war, hat noch keiner geschlafen!
Der Urmel - Ihr kennt ihn ja, wir waren vor 2 Jahren bei ihm - macht übers Jahr ganz unterschiedliche Sachen und ist in diverse Programme zur Förderung des Roten Höhenviehs involviert. Der am Abend gezeigte Film war vom Biwwerer Almabtrieb, auch da war der Urmel gerittener Weise dabei. Scrollt auf der homepage einfach nach unten, das verschafft Euch einen guten Überblick und Zugang zum Film vom Almabtrieb.
Franziska Schimke, Wettenberg bei Gießen E-Post:

2x Rätisches Grauvieh vor dem Wagen

Auch nach diesem Vortrag hatten die meisten Teilnehmer noch nicht genug über Zugrinder geredet und gehört. Nachdem gegen 00:00h das „Paulusheim“ geräumt werden sollte, traf sich ein großer Teil der Gruppe zwangsläufig in der einzigen noch geöffneten Gastwirtschaft, um weiter zu fachsimpeln, die letzten sollen gegen 3h gegangen sein.

Am Sonntag traf man sich um 10h wieder auf dem Museumsgelände. David und Darius wurden vor einen rekonstruierten Leiterwagen gespannt, einige Ochserer fuhren oben mit, die meisten freuten sich über einen Winterspaziergang in der Morgensonne bei etwa 9°C, war doch am Vortag viel Sitzfleisch gefragt.

Warten auf die Nachzügler und den Zug

Nach unserem Rundgang (wo kamen eigentlich die vielen Menschen her? gefühlt doppelt so viel wie am Vortag) um das Gelände mit diffizilen Bremsmanövern am Wagen bei den kurzen, bergab führenden Strecken und einer begeisterten Begrüßung durch Nachbars Jungrinder Herde gab es nochmals zur Stärkung für den zum Teil langen Weg gen Heimat  Kaffee und Kuchen mit Plausch. Gegen 14h war das Treffen beendet. Alle fuhren inspiriert und zufrieden wieder nach Hause, das nächste Treffen 2017 in Östereich freudig erwartend!

von Astrid Masson